Nach mehr als neunzig Jahren spukt das »Unheimliche« noch immer. Quer über verschiedene wissenschaftliche Disziplinen gehört es zu den schillerndsten Termini gegenwärtiger Theoriebildung. Es bezeichnet eine seltsame Nähe zwischen Wissen und Nichtwissen, erscheint als etwas Vertrautes in fremder Gestalt oder als etwas Fremdes mit vertrauten Eigenschaften. »Phantasmata. Techniken des Unheimlichen« setzt bei Sigmund Freuds psychoanalytischem Modell an, verfolgt seine historische Genese und zeichnet seine heterogene Entwicklung nach.
Der besondere Fokus liegt auf der Verschränkung des »Unheimlichen« mit »Techniken«: Zum einen werden literarische, mediale und soziale Praktiken der Evokation des Unheimlichen untersucht; zum anderen wird gefragt, inwiefern diese Techniken wiederum als Denkfiguren zum Verständnis epistemologischer, ästhetischer und politisch-sozialer Bedingungen des Unheimlichen beitragen können. Im Zentrum stehen dabei die markierten Spannungen zwischen dem Gewohnten und dem Ungewohnten, Vertrauten und Unvertrauten, Bekannten und Unbekannten.
Unter diesen Aspekten versammelt der Band Forschungsbeiträge aus Medien-, Literatur-, Kunst- und Kulturwissenschaften, Philosophie, Psychoanalyse und Soziologie.
Fabio Camilletti ist Assistant Professor am Department of Italian an der University of Warwick
Martin Doll ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt "Ästhetische Figurationen des Politischen" an der Université du Luxembourg
Rupert Gaderer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Graduiertenkolleg "Mediale Historiographien" (Weimar, Erfurt, Jena)
Jan Niklas Howe ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Freien Universität Berlin
Band 3 der Reihe 'Cultural Inquiry' bei Turia + Kant.
298 S., 16 x 24 cm, EUR 32,-
ISBN 978-3-85132-634-5
Erhältlich über den Buchhandel, bookdepository.co.uk, amazon.co.uk, amazon.de, amazon.com
Inhaltsverzeichnis und Autorinnen/Autoren
Martin Doll/Rupert Gaderer: Geister Versammeln. Vorwort
Anneleen Masschelein: Zwischen Animismus und Computeranimation. Das Unheimliche als Unbegriff im 20. und 21. Jahrhundert
1. Affektökonomien
Jan Niklas Howe: Wiedererkennen und Angst. Das Unheimliche als ästhetische Emotion
Roman Widholm: Unheimlich leiden. Über die Empfindsamkeit der Körper, die Übertragbarkeit von Angst und was gemeinhin dagegen unternommen wird – am Beispiel Autismus
Sandra Evans: Konstruierte urbane Räume: Zur unheim(e)lichen Interaktion und Interdependenz von Emotion und Beton
Michaela Wünsch: Mediale Techniken des Unheimlichen und der Angst
2. Blendwerk
Elisa Leonzio: Geisterlehre und Gespenstergeschichte. Literarischer und philosophischer Diskurs der deutschen Spätaufklärung bei Christoph Martin Wieland und Jean Paul
Morena Corradi: Die Inszenierung des Unheimlichen: Phantasmagorien im vereinigten Italien
Rupert Gaderer: Sigmund Freuds ›Momente‹ und ›Technik der Magie‹
3. Phantome
Claudia Peppel: Der Körper der Puppe
Tan Wälchli: Körper ohne Seelen: Achim von Arnim und E.T.A. Hoffmann
Fabio Camilletti: Voltaires Verwirrung
Catherine Smale: »Wir sind wie Spiegel«: Irina Liebmann und der Doppelgänger
4. Schattenwelten
Mathias Korn: Wie wir unseren Tod verloren. Biopolitik, Raum und Unheimlichkeit zwischen Neuzeit und Moderne
Laurie Johnson: Das »ewig ringende, nie seyende Sein«. Schelling und das Unheimliche
Christine Blättler: Phantasmagorie statt Fetisch. Zur modernen Signatur der Dinge
Auswahlbibliographie
Autorinnen und Autoren
Personenregister